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Via Etikettenschwindel?

Symbolbild · Foto→ Monika Schröder
Symbolbild · Foto→ Monika Schröder

Armutszeugnis für den Bundestag

Corona-Maßnahmen teilweise um ein Jahr verlängert

BERLIN · Immer auf das Kleingedruckte achten – das wird schon Schülern eingebläut. Und man kann das nicht nur als Warnung verstehen – sondern auch umgekehrt als Tipp. Zumindest liegt der Verdacht nahe, dass die Regierung bzw. das Parlament, das sie eigentlich kontrollieren sollte, aber in Deutschland 2021 mehr wie ihr williger Vollstrecker wirkt, über den Trick mit dem Kleingedruckten agieren. Genauer gesagt über die Nutzung einer Hintertür. So wie Vektorimpfstoffe die für die künftige Immunität wichtige Information der Krankheitserreger in einem fremden Gewand in den Organismus „schmuggeln“, will das Hohe Haus heute nach Auffassung von Kritikern eine Verlängerung der Corona-Maßnahmen in einem falschen Gewand ins geltende Recht „schmuggeln“. Genutzt wird dafür demnach ein Gesetzesentwurf zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts. Sein Titel: „Entwurf eines Gesetzes zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts.“ Kein Wort zum Thema „Infektionsschutzgesetz und Corona-Maßnahmen“. Den Entwurf hat bereits der parlamentarische Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz durchgewunken. Mit der Empfehlung, die Abgeordneten mögen ihn annehmen. Um 23.16 Uhr, in einer Nachtsetzung, stimmte das Plenum brav zu. Erst bei genauerem Ansehen stellt man fest: Es wurde einfach eine Passage zum Infektionsschutz angehängt, die gar nicht zur Überschrift passt. Und siehe da: Schön versteckt, zwar nicht im Kleingedruckten, aber unter „ferner liefen“ hinter allerlei Texten zur Finanzierung von Stiftungen, sollen die Abgeordneten quasi im Vorbeigehen – „en passant“, wie Schachspieler sagen würden, auch eine Neuregelung mit weit gehenden Konsequenzen abnicken: Corona-Maßnahmen sollen teilweise von der „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ entkoppelt werden. Das bedeutet einen Eingriff ins Allerheiligste der Verfassung: die Grundrechte. Dezent versteckt.